Der Angsthund - Urs Bähre - Mehrhundehaltung

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Der Angsthund Der Angsthund 4/2012
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Mehrhundehaltung braucht Erfahrung und viel Einfühlungsvermögen

von Urs Bähre

Was Zweithund oder Mehrhundehaltung angeht, bin ich wohl kein Vorzeigebeispiel.

Bis jetzt habe ich bei der Auswahl des Zweit- oder Dritthundes immer immenses Glück gehabt.

Da die meisten aus dem Tierschutz kamen, bestand nie die Möglichkeit, vorher groß zu testen, ob die Hunde miteinander auskommen. Verlassen habe ich mich da auf mein Bauchgefühl, was mich auch nie getrogen hat, und bis auf zweimal (da hatte der Kopf über das Gefühl gesiegt) ging es gut.

Die wildeste Zusammenführung gab es mit Klein-Peppi. Peppi kam am 23.12. in Deutschland an, und das nach 23.00 Uhr, so dass keiner zu finden war, der die Zusammenführung von Peppi mit meinem Rüden und meiner Hündin auf neutralen Gebiet mitmachen konnte. Auch hier hörte ich auf mein Gefühl, das mir sagte, es würde klappen. In der Wohnung war alles für Peppi vorbereitet, eine Box im ruhigsten Winkel der Wohnung stand parat.

Im Flur befreite ich die Kleine erstmal von dem komischen Geschirr, das sie in Spanien für den Flug bekommen hatte. Hinter der Wohnzimmertüre herrschte plötzlich Leben, meine Beiden hatten mich gehört. Nach dem üblichen Hallo entdeckten die Beiden Peppi hinter mir, Krümmel ging hin, schnüffelte, wedelte und ging, Lucy das gleiche. Damit war das Thema Zusammenführung durch.

Danach passierte, was ich noch nie hatte erleben dürfen, ein Zusammenleben, erstmal auf Distanz, aber von Seiten meiner beiden Alten immer wohlwollend. Die Kleine gliederte sich auch ohne Murren und Knurren ein, es ist bis heute so geblieben, die beiden Großen, leben nun seit 6 Jahren zusammen, nie gab es Ärger zwischen den Beiden, und Klein-Peppi ist nun fast 2 Jahre mit dabei und ein voll anerkanntes Rudelmitglied, mit dem es ebenfalls nie Ärger oder Streit gab.

Auch die Pflegehunde, die dazu kamen und wieder gingen, waren nie ein großes Problem, von 17 Hunden die hier waren, gab es genau bei Zweien Probleme. Die eine meinte, sie müsse nach der zweiten Woche die Weltherrschaft an sich reißen, wurde aber sofort von mir, meinem Rüden und der dominanten Hündin in ihre Grenzen verwiesen. Gute 2 Monate ging es gut, dann wurde sie vermittelt.

Mit der letzten lief es leider anders, sie musste ich weggeben, da die Gefahr bestand, dass es ernsthaft krachen würde.

Ein solches Verhalten hatte ich aber auch noch nie erlebt und möchte es auch nicht mehr erleben, denn es bot für mich keinerlei Ansatzpunkt zum Handeln. Mit meinem Rüden und mit Peppi bestand kein Problem, nur gegenüber der dominanten Hündin kamen so nach 2 Wochen die ersten Versuche der Neuen sich zu behaupten, die zunächst gelassen hingenommen wurden.

Doch was dann passierte, sprengte meine Vorstellungskraft, die Beiden konnten zusammen fressen, sie konnten gemeinsam mit Körperkontakt auf dem Sofa liegen, sie haben miteinander gespielt, lagen nebeneinander zum Nagen an einem Knochen, haben Beide aus einem Napf gesoffen, alles ohne irgendein Anzeichen von einem Problem, sei es Dominanz, Neid oder sonst etwas, nichts. Es lief reibungslos, sie liefen sich am Tag hunderte Male über den Weg, ohne Regung, und beim hundertsten Mal standen dann beide plötzlich voreinander, froren ein, bekamen eine Bürste, zeigten Zähne und knurrten. Meist langte ein scharfes Wort von mir und es war Ruhe. In wenigen Fällen musste ich mich dazwischen stellen und beide nacheinander wegschicken. Diese Situationen spitzten sich sowohl in der Wohnung als auch draußen immer weiter zu, die Neue folgte meiner Althündin und forderte immer mehr, für mich war klar, alleine lassen kann ich die Zwei nicht miteinander, also musste eine der Beiden immer mit, bis zur Abgabe der Neuen.

Es fiel sehr schwer diesen Entschluss zu fassen, und es war auch nicht leicht sie ziehen zu lassen, aber mir war klar, dass es irgendwann zu einer handfesten Auseinandersetzung der beiden Mädels gekommen wäre, Angst hatte ich dann auch noch davor, dass das Ganze eine Eigendynamik entwickelt, und Klein-Peppi sowie mein Rüde dann mitgemacht hätten. Eine ernsthafte Beißerei hätte keiner der Vier gebrauchen können, daher auch der Entschluss zur Trennung. Und diese Entscheidung war richtig. Gleich danach stellte sich die alte Harmonie zwischen den Dreien ein. Warum hatte ich bis jetzt mit meinem Dreierrudel und noch einem Pflegehund dazu soviel Glück? Ich weiß es nicht, wirklich, einige mögen jetzt lachen oder den Kopf schütteln und sagen der spinnt, aber ich hab mich einfach auf mein Gefühl verlassen, wenn ich das Bild des Hundes sah, und das sagte mir dann, es geht gut oder es könnte Probleme geben. Des weiteren wurde die Neue immer sofort in den Alltag eingegliedert, in der Rangfolge vier. Bekam die gleiche Aufmerksamkeit, Zuneigung wie die anderen auch. Was das miteinander unter den Hunden anging, wurde die Neue immer stückchenweise mehr und mehr eingebunden, aber immer nur soweit wie die Drei das zugelassen haben. Wenn es schon offensichtlich war, dass der neue Hund die Nähe der anderen suchte und die sie auch zuließen, waren dies ein Zeichen für mich die Neue weiter einzubinden, ansonsten wurde sehr behutsam daraufhin gearbeitet, dass ein reibungsloses Miteinander möglich war.

Der Angsthund 4/2012 Urs Bähre - Mehrhundehaltung
Der Angsthund 4/2012 Urs Bähre - Mehrhundehaltung
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